Tablets im Unterricht (TabU): Soziomediale Organisation unterrichtlicher Wissensproduktion in Phasen gruppenförmigen Arbeitens

 

Untersuchungsdesign und Methoden

Auf der Basis mehrperspektivischer Video- und Audiodaten des Unterrichtsgeschehens und ihrer mikroethnographischen Analyse fragen wir in TabU, wie Wissensprodukte in gruppenunterrichtlichen Settings erzeugt werden. Dazu untersuchen wir zunächst (1) die phasenförmige Ausdifferenzierung von Gruppenarbeiten in Verlaufsmuster soziomedialer Arrangements zwischen Lehrkräften, Schüler*innen und digitalen Materialitäten. Im Detail werden anschließend (2) multimodale Interaktionspraktiken rekonstruiert, mit denen sich die Beteiligten innerhalb dieser Arrangements – also im Umgang mit digitalen Materialitäten – auf Anforderungen der Herstellung von Wissensprodukten beziehen. Schließlich (3) bestimmen wir, wie Gruppenarbeiten in die Gesamtformatierung des Unterrichtsablaufs eingebettet sind – in vorauslaufende Phasen der Ermöglichung von Gruppenarbeiten und in anschließende Phasen der klassenöffentlichen Bewertung und Distribution von Wissensprodukten.

Fragestellungen

Konkrete Fragestellungen in TabU sind:

  • Wie integrieren Lehrkräfte und Schüler*innen die Tablets in die Entwicklung und Bearbeitung von Aufgaben?

  • Wie nehmen Tablets Einfluss auf das kollaborative Bearbeiten solcher Aufgaben durch die Schüler*innen in Phasen der Gruppenarbeit?

  • Was geschieht genau beim Recherchieren mit Tablets?

  • Welches Wissen wird beim Arbeiten mit Tablets zu legitimem Unterrichtswissen und werden dabei bisherige Wissensquellen delegitimiert?

  • Wie sehen die „Produkte“ aus, die in der Arbeit mit Tablets als Ergebnisse präsentiert werden?

  • Wie genau verläuft das tabletbasierte Erstellen und Zeigen einer solchen Präsentation?

Der Analyse zugänglich gemacht werden unsere untersuchten Unterrichtssettings durch mehrperspektivische Videoaufzeichnungen sowie durch simultane Screenrecordings der Tablets, d.h. der Prozesse, die die Schüler*innen auf ihren Tablets durchführen. Wir erheben die Videodaten in Schulklassen der Sekundarstufe I in unterschiedlichen Schulformen und Fächern aus den Lernbereichen Sprache/Literatur/Musik, Gesellschaftslehre sowieMathematik/Informatik/Naturwissenschaften/Technik (MINT).

 

Ziele des Projekts

Mit den Ergebnissen unserer Untersuchung wollen wir die empirische Befundlage zum Computer-Supported Collaborative Learning um Aspekte der unterrichtlichen Situierung und der multimodalen Konstitution tabletgestützterGruppenarbeiten erweitern. Anhand differenzierter mikrologischer Analysen generieren wir mit unserem Projekt neue Befunde über die Vollzugswirklichkeit von (Gruppen-) Unterricht in digitalisierten Klassenzimmern, auf deren Grundlage Persistenz und Wandel von Schule im Kontext digitaler Transformationen diskutiert und in Relation zu Optimierungserwartungen und Ökonomisierungskritik eingeordnet werden können. Wir leisten zudem einen Beitrag zur Weiterentwicklung von Unterrichtstheorien, indem wir konzeptionell darüber aufklären, wie digitale Materialitäten an Gruppenarbeiten partizipieren und in Prozesse der unterrichtlichen Wissensproduktion eingebunden sind. Schließlich tragen wir in forschungsmethodischer Hinsicht zur Innovation etablierter Ansätze videogestützter Unterrichtsinteraktionsforschung bei, indem wir Screenrecordings als neuen Datentyp systematisch einbeziehen.